Kleine Sportmotorräder mit 48 PS im Vergleich

Ninja 400, RC 390, 450 SR, CBR 500 R im Vergleich
Kleine Sportler von Kawasaki, KTM, CFMoto und Honda

Veröffentlicht am 13.06.2024

Die Zielgruppe von A2-Maschinen ist meistens gerade einmal 18 Jahre alt. Fahrer und Fahrerinnen kommen entweder von 125er-Bikes, oder eben erst ganz frisch zum motorisierten Zweirad. Relativ frisch im Reigen der 48-PS-Sportmotorräder ist auch die CFMoto 450 SR. Sie ist das erste chinesische Motorrad, das gegen die arrivierte Konkurrenz von Honda, Kawasaki und KTM antritt. Die CFMoto 450 SR sieht äußerst apart aus, ist hervorragend ausgestattet, hat einen 270-Grad-Twin und kostet trotzdem weniger als die anderen. Sie schickt sich an, zum Feld der A2-Sportler nicht aufzuschließen, sondern es aufzumischen – falls fahrdynamisch alles passt.

Honda CBR 500 R – grundsolide und verlässlich

Die Honda CBR 500 R kommt sehr erwachsen rüber. Sie ist solide gebaut, Honda-typisch gut verarbeitet, bietet auch größeren Fahrern und Fahrerinnen viel Platz, ist bequem, hat eine Doppelscheiben-Bremsanlage, erwachsene Michelin-Reifen in ebensolchen Dimensionen und einen langhubigen, drehmomentstarken, gleichmäßigen Motor. Wenn du keins der anderen 48-PS-Sportmotorräder je anfasst, wirst du vielleicht nicht merken, dass sie mit 194 Kilo etwas pummelig baut.

Ein Weilchen lang können die Fahrleistungen der Honda CBR 500 R dir ein Grinsen ins Gesicht pressen. Doch volle 48 PS und der größte Hubraum des Testfeldes schmelzen angesichts des hohen Gewichts ab, wie die schwachen Messwerte belegen.

Ähnlich verhält es sich mit anderen Dynamik-Kapiteln: Doppelscheibe und Festsättel sehen wichtig aus, ihre Arbeitsweise ist aber ganz und gar zahm. Fahrwerk, Ergonomie, Schräglagenfreiheit, Verbrauch, schließlich die Bestzeit auf unserem eigens für diesen Zweck abgesteckten Handling-Testparcours: alles durch und durch kommod. Was der Fireblade-Look verspricht, kann und will die Honda CBR 500 R nicht einlösen. Sie ist im Herzen eine grundsolide, verlässliche und ganz bewusst unsportliche CB 500 F mit Verkleidung. Ihre Kriegsbemalung ist eher Show – was sie in Alltagsbelangen und unter touristischen Gesichtspunkten freilich weit nach vorn bringt.

Kawasaki Ninja 400 – großer Sport

Auch die Kawasaki Ninja 400 ist kriegsbemalt ("KRT-Edition"). Auch sie ist als klassisch gegenläufiger 180-Grad-Reihenzweizylinder konzipiert, belässt es aber bei kurzhubigen 399 Kubik. Aus denen presst sie nominell 45, reell stolze 47 PS – viel mehr dürfte die mit 170 Kilo federleichte Kawa laut A2-Reglement sowieso nicht haben, sonst sprengte sie das erlaubte Leistungsgewicht von 0,2 Kilowatt pro Kilogramm.

Diese Leichtigkeit, die freilich auch einer mitunter etwas schlichten Bauweise mit dürrem Gäbelchen und Einscheiben-Schwimmsattelbremse zu verdanken ist, merkst du beim Umsteigen: Die Kawasaki Ninja 400 drückt weniger Newtonmeter, zieht aber schon ganz unten genauso gut durch. Der fiebrige Elan, in den die Ninja 400 mit steigender Drehzahl verfällt, feiert der Autor. Die Ninja 400 hat außerdem etwas, was viele bestimmt schrecklich altmodisch finden, die Redaktion mittlerweile aber wieder schätzt: den großen, analogen Drehzahlmesser. Wenn dessen Nadel zwischen der Acht und der Zwölf  tanzt, tut sich was. Das Teil rennt prächtig, großer Sport!

Ganz ähnlich geht’s beim Handling zu: Auf dem Parcours, der über rund 1:30 Minuten Fahrzeit Radien sämtlicher Couleur, etwas Slalom, scharfes Anbremsen und schnelles Umlegen en masse abbildet, ganz im Stil einer engen Rennstrecke, brilliert die Kawasaki Ninja 400 gar. Das Chassis mag hager wirken, es steckt die grobe Gangart aber klaglos weg. Überhaupt scheint das ganze Motorrad hart im Nehmen zu sein. Höhere Federraten und etwas mehr Dämpfung bringen jene Schärfe, Stabilität und Lenkpräzision, die die couchige Honda CBR 500 R vermissen lässt. Zudem verfügt die Kawasaki noch über reichlich Schräglagenfreiheit, wenn bei der Honda schon der Auspuff zerspant.

Das niedrigere Gewicht, ein später regelndes ABS, in erster Linie der deutlich festere Biss einer nur auf dem Papier unterlegenen Bremse, verhelfen der Kawasaki Ninja 400 zudem zu einer wesentlich überzeugenderen Bremsperformance – was man im Übrigen auch auf der Landstraße spürt. Tatsächlich steckt in der Grünen nicht weniger, sondern mehr Sport, als sie auf den ersten Blick suggeriert. Und das ohne nennenswerte Einbußen in den Alltagskategorien. Echte Kritik? Man sitzt etwas merkwürdig, weil die Stummel eng und kawa-typisch seltsam gekröpft liegen. Und sei dir bewusst: Von Nichts-Blickern wirst du für die konventionelle Gabel und Kawasakis legendären Achssplint eventuell Spott ernten.

KTM RC 390 – fährt locker auf dem Hinterrad

Ergonomie, Prestige, Ausstattung: Aspekte, unter denen die vor knapp zwei Jahren runderneuerte KTM RC 390 hervorsticht. Die Sitzposition wollen wir Sport-Freaks als fast ideal bezeichnen. Schön ausgestellte Lenkerstummel, schlank, mit engem Knieschluss, Rasten da, wo sie sein sollen: ausdrückliche Sportlichkeit mit einem feinen Maß Restkomfort, genau recht für einen A2-Sportler. Die Höhe der Sitzbank werten wir als Pluspunkt, alle oberhalb 1,70 Meter dürften damit zurechtkommen. Der ansehnliche Gitterrohrrahmen, die auch nach vielen Jahren noch frisch wirkende Fachwerkschwinge, üppig dimensionierte WP-Fahrwerkskomponenten mit Einstellmöglichkeiten, feste Bremserei, TFT-Cockpit mit Konnektivitäts-Option, Quickshifter/Blipper bis hin zu Kurven-ABS und schräglagenabhängiger Traktionskontrolle – was die KTM RC 390 auffährt, kann sich echt sehen lassen.

KTMs Marketing-Versprechen der Race-Readyness wird durchaus eingelöst. Aus der Ergonomie, dem geringen Gewicht von 166 Kilo und der auffällig kurz übersetzten Einzylindrigkeit ergibt sich fetziger Punch im schmalen Fenster, mithin ein fetziges Fahrerlebnis. Schockierend handlich. Fast würde man einiges davon gegen etwas Anlehngefühl tauschen wollen, denn dieser spitze Pflock von Motorrad verlangt ständige Konzentration. Auch fordernd: die viele Schaltarbeit. In der Mitte geht’s prächtig vorwärts, aber eben immer nur in einem ganz schmalen Drehzahl- und Geschwindigkeitsbereich. Drüber und drunter? Es hackt, vibriert, knattert und rappelt irgendwie immer. Das Getriebe ist zwar leichtgängig, als einziges Motorrad des Feldes lässt sich die KTM RC 390 zudem mit Quickshifter/Blipper ausrüsten (243 Euro), der seine Sache nur gerade so passabel und die spröde Antriebscharakteristik damit nicht vergessen macht.

Dynamisch und aus Kostengründen spricht bis 48 PS einiges für Einzylindermotoren. Dieser hier ist aber kauzig, wirkt im Naked Bike 390 Duke in gewisser Weise eher zu Hause als im Sportler. Andererseits sind nicht nur eine Traktionskontrolle und funktionales Kurven-ABS vorhanden, was man gar nicht genug loben und wiederholen kann. Im Supermoto-Modus agiert der Blockierverhinderer zudem supersportlich, was der KTM RC 390 auf dem Parcours zu souveräner Bremswirkung und damit großer Stärke am Kurveneingang verhilft. Randnotiz: Die RC 390 fährt bei Bedarf als Einzige locker auf dem Hinterrad und auch auf dem Vorderrad. Laut Youtube-Algorithmus fahren junge Leute anscheinend wieder vermehrt Stunts.

CFMoto 450 SR – große Überraschung, mit Haken

Die Außenwirkung der KTM RC 390 toppt nur noch die CFMoto 450 SR. Sie könnte genauso gut ein knallrotes 30.000-Euro-Superbike sein. Sündteure Materialien sind natürlich keine zu finden, das, was verbaut ist – auch die Flügelchen – lassen es aber gekonnt so aussehen als ob. Die halbe Stadt dreht sich wegen der CFMoto nach uns um, was auch am Sound liegen dürfte. Ihr Reihenzweizylinder bedient mit 270 Grad Hubzapfenversatz erstmals in dieser Klasse V-Motor-Gelüste, pufft zudem ziemlich ungeniert aus. Klingt gut, erinnert im Timbre erschreckend an rund 100 zweiventilige Desmo-PS mit Fehlzündungs-Gebratzel und allem …

Speck für Mäuse. Die bei der fürchterlich verregneten Fahrpräsentation Anfang des Jahres offen gebliebene Frage nach dem Handling? Kein wenn, kein aber, einwandfrei.

Zwar wirkt die CFMoto 450 SR stämmig, sortiert sich mit 181 Kilo und in ihren Ausmaßen aber zwischen Honda und Kawa ein. Sportlich hohe Rasten, breit ausgestellte Stummel – wäre die Sitzkuhle nicht so tief und der Kniewinkel deshalb so heftig, die Ergonomie wäre fast so gut wie jene der KTM. Weil man richtig Druck auf das Vorderrad bringt und weil ein guter Sportreifen montiert ist, bietet die CFMoto 450 SR tatsächlich die beste Rückmeldung und das belastbarste Lenkverhalten. Hochwertige Federelemente helfen. Zwar ohne Einstellmöglichkeiten wie bei der KTM, doch Letztere funktioniert eigentlich nur zwischen "fast ganz zu " und "ganz zu". Die Grundabstimmung der CFMoto ist besser, weil mit mehr Reserven und feinerem Ansprechen versehen.

Auch motorisch findet die CFMoto 450 SR einen guten Mittelweg zwischen erdiger Honda und orgelnder Kawasaki, das so gerade eingefahrene Testexemplar der CFMoto drückte knapp über 50 PS, was in der Längsdynamik Anschluss an die wilde Kawasaki schafft. Ihr mit zwei Ausgleichswellen bewehrter Motor ist zudem der Einzige, der in keinem Drehzahlbereich nervig vibriert.

ABS öffnete viel zu lange

Das zu Testbeginn hakelige Getriebe besserte sich mit zunehmendem Kilometerstand ganz erheblich, an der CFMoto 450 SR lässt sich zudem sehr einfach eine Schaltumkehr realisieren. Was sich leider nicht besserte, ist die nur in Prospektform tolle Brembo-Festsattelbremse, welche auch nach einigen Hundert Kilometern etwas enttäuschend blieb.

Man ahnt, es lauert ein Haken: In einer richtig scharfen Bremszone auf dem Handlingparcours öffnete das ABS der 450 SR so lange, dass alle Testfahrer das Gleiche berichteten: Mit komplett verhärtetem Bremshebel und nichtiger Restbremswirkung schoss man fröhlich übers Ziel hinaus. Eigentlich ein Horrorszenario und sicher der schwächste Blockierverhinderer, der uns seit einiger Zeit untergekommen ist. Wir wollen kein Fass aufmachen – auf der Landstraße kam es nicht zu kritischen Momenten. Hat man aber erlebt, wie das ABS der CFMoto 450 SR im Regelbereich agiert, wozu wir auf abgesperrter Fläche stets raten, fährt dieses Wissen fortan ziemlich unangenehm mit. Nachbessern? Ein Schaden wäre es nicht. Von diesem wichtigen, aber einzigen Aspekt abgesehen fährt die CFMoto 450 SR aber tatsächlich aus dem Stand auf Augenhöhe.